Chronologie
Auf über 50 Inhaltsseiten ist die Chronologie quasi das Tagebuch der Vereinsarbeit und mit ihr verbundener Inhalte.
Für Recht und Respekt in der Lausitz
Kommunaler Aufruf gegen Gewalt in der Auseinandersetzung um die Lausitzer Braunkohle
Als Vertreter der Lausitzer Bürgerinnen und Bürger appellieren wir an alle Lausitzer und Gäste der Region, die Auseinandersetzung um die Lausitzer Braunkohle demokratisch und mit Respekt vor den Grenzen der Rechtsstaatlichkeit zu führen. Insbesondere mit Blick auf angekündigte Aktionen der sogenannten Gruppierung „Ende Gelände“ zu Pfingsten rufen wir gegen Gewalt und zum friedlichen Dialog auf.
Die Lausitz ist seit einem Jahrhundert Bergbaurevier. Die Lausitzer Braunkohle hat die Region über Generationen hinweg geprägt. Menschen aus unterschiedlichsten Regionen fanden hier Arbeit und eine Heimat. Sie leben heute in einem respektvollen Miteinander und gestalten gleichzeitig den seit über zwei Jahrzehnten andauernden Wandel der Region. Als Energieregion hat die Lausitz dabei nationale Aufgaben wahrgenommen und einen wichtigen Beitrag zum Wohlstand des Industrielands Deutschland geleistet.
Wir rufen zum gewaltfreien Diskurs über die Lausitzer Braunkohle auf, auch mit den sogenannten Umweltaktivisten. Gewalt gegen das Eigentum des Bergbauunternehmens oder gegen deren Mitarbeiter sowie die Mitarbeiter der Servicefirmen und deren Eigentum lehnen wir ab. Angriffe auf Menschen, wie diese bereits im Rheinischen Braunkohlerevier im Hambacher Forst an der Tagesordnung sind, egal ob verbaler oder körperlicher Art, sind völlig inakzeptabel. Mit Sorge betrachten wir Entwicklungen in der Lausitz, in der sich erste sogenannte Umweltaktivisten ebenso im Tagebauvorfeld außerhalb der Rechtsstaatlichkeit bewegen. Noch größere Sorge bereiten die Aufrufe der Aktivisten der Gruppe „Ende Gelände“ zu Aktionen rund um Pfingsten 2016, die unter dem Deckmantel „zivilen Ungehorsams“ durchgeführt werden sollen. Wir richten uns gegen jegliche Art von Gewalt und machen klar, dass wir in der Lausitz keine Hambacher Verhältnisse dulden.
Wir führen die Debatte um unseren Bodenschatz in der Lausitz demokratisch. Wir appellieren an alle Lausitzer Bürgerinnen und Bürger, sich von Krawallmachern nicht irritieren zu lassen. Wir begegnen Gewalt mit unseren gelebten Werten. Wir lassen uns durch Gewaltaktionen nicht verunsichern und einschüchtern. Wir tolerieren andere Meinungen. Aber wir tolerieren keine Gewaltaktionen gegen Sachen oder Menschen.
Wir fordern die Besucher und Gäste der Lausitz auf, sich als Gast der Region fair zu verhalten und unserer Heimat und den hier lebenden Menschen mit Respekt zu begegnen, wie das in einer Demokratie selbstverständlich ist.
Die Lausitz hat viel für unser Land geleistet. Sie hat Anspruch auf Respekt und faire Behandlung. Die Lausitz spricht mit einer Stimme gegen Gewalt!
Unterzeichnet von den Mitgliedern der Lausitzrunde
Frau Christine Herntier (Bürgermeisterin Spremberg)
Sprecherin der brandenburgischen Kommunen
Herr Torsten Pötzsch (Oberbürgermeister Weißwasser)
Sprecher der sächsischen Kommunen
Herr Michael Harig (Landrat Landkreis Bautzen)
Herr Bernd Lange (Landrat Landkreis Görlitz)
Herr Harald Altekrüger (Landrat Landkreis Spree-Neiße)
Herr Achim Junker (Bürgermeister Boxberg)
Herr Holger Kelch, (Oberbürgermeister Cottbus)
Herr Dietmar Horke (Bürgermeister Drebkau)
Herr Philipp Wesemann (Bürgermeister Forst)
Herr Helmut Krautz (Bürgermeister Groß Düben)
Herr Stefan Skora (Oberbürgermeister Hoyerswerda)
Herr Frank Lehmann (Bürgermeister Lauta)
Herr Dieter Perko (Bürgermeister Neuhausen/Spree)
Herr Jörg Krakow (Bürgermeister Peitz)
Herr Ralf Brehmer (Bürgermeister Rietschen)
Herr Andreas Fredrich (Bürgermeister Senftenberg)
Herr Manfred Heine (Bürgermeister Spreetal)
Herr Harald Groba (Bürgermeister Teichland)
Frau Kerstin Antonius (Bürgermeisterin Trebendorf)
Frau Birgit Zuchold (Bürgermeisterin Welzow)
Die Zeit ist reif für einen neuen Partner für die Lausitz!
Die Lausitz kann nun nach vorn blicken und hat einen neuen Ansprechpartner. Es stimmt zuversichtlich, dass ein Bieter ausgewählt wurde, der mit der Braunkohle ebenso nach vorn und nicht nach unten blickt. Wir haben aber auch eine große Erwartungshaltung an den neuen Eigner EPH. Sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft der Region benötigt Verlässlichkeit. Wir brauchen nicht nur einen neuen Eigner, die Zeit ist vielmehr reif für einen neuen Partner für die Lausitz!“, so Wolfgang Rupieper, Vorstandsvorsitzender des Pro Lausitzer Braunkohle e.V. zur heutigen Mitteilung des Energieunternehmens Vattenfall, die Lausitzer Braunkohlesparte an EPH zu verkaufen.
Gleichzeitig betont der Lausitzer Bürgerverein, dass die Region verlässliche und stabile energiepolitische Rahmenbedingungen aus Berlin benötigt. Die Wertschöpfung aus der Lausitzer Braunkohle ist auch künftig zwingend notwendig, um den Strukturwandel in der Lausitz zu begleiten und überhaupt erst zu ermöglichen. Auf diesem Weg wird der Verein auch einen neuen Partner der Region zuverlässig und mit aller Kraft unterstützen.
Die unterschiedlichen politischen Zuständigkeiten durch die Trennung der Lausitz an der Grenze zweier Bundesländer hat Strukturen wachsen lassen, die bislang stärker als der Gedanke an eine einheitliche Wirtschafts-, Tourismus- und Lebensregion waren. Die Landesgrenze schien lange wie eine Barriere. Oberhalb mit starker Orientierung gen Berlin, unterhalb mit dem Fokus auf die Sachsenmetropole Dresden. So einige Initiativen bissen sich die Zähne daran aus. Vielleicht ging es der Lausitz mit ihrer Energieindustrie und dem daraus resultierenden Wohlstand auf beiden Seiten auch einfach zu gut. „Der Schuh drückte hier nicht“ – und die Notwendigkeit einer gemeinsamen Stärke wurde von einigen Akteuren weniger gesehen.
Mit dem Eingriff der Bundespolitik in die Lausitzer Braunkohle und damit in die Basis der gesamten Industrieregion und den fortlaufenden Strukturwandel kommt die Lausitz nun seit geraumer Zeit nicht mehr aus den Medien-Schlagzeilen – aber auch nicht mehr aus den Köpfen. Die veränderten Rahmenbedingungen führten zu Bewegung auf beiden Seiten der Lausitz. Inzwischen ist klar, dass die Region den Eingriff der Bundespolitik infolge der fehlkonstruierten Energiewende nur überleben wird, wenn sie einig auftritt und sich gegenüber Bund und Ländern in eine starke Position bringt. Ein schwieriger Prozess, der viel Zeit braucht – möchte man mit einem Blick auf die Historie meinen.
Umso erstaunlicher ist es, wie Aktivitäten der von Braunkohle betroffenen Kommunen nun binnen weniger Wochen zu einer wahrlichen Wiedergeburt der Lausitz geführt haben. Initiiert vom Verein Pro Lausitzer Braunkohle e.V. trafen sich alle für diesen Prozess wichtigen Kommunalvertreter und fanden in dem inzwischen auf „Lausitzrunde“ getauften Forum in nur zwei Treffen schnell zu einer starken Einigkeit. Noch nie haben sich Kommunalvertreter und Landräte so geschlossen positioniert. Am 16. März machten 19 Bürgermeister, Amtsräte und Landräte aus der brandenburgischen und sächsischen Lausitz klar, ab sofort einig und mit einer Stimme für die Region Lausitz zu sprechen. Was seit Jahren auf vielen Papieren und in vielen Konferenzen und Treffen versucht wurde, haben Bürgervertreter und Bürgerverein jetzt unkompliziert in die Realität umgesetzt. Auf diesem Weg einigten sich die Kommunalvertreter beiderseits der Landesgrenze auf je einen Sprecher, für die Brandenburger Kommunen wurde die Spremberger Bürgermeisterin Christine Herntier (siehe Interview in der letzten Ausgabe der lausebande) und für die sächsische Seite der Weißwasseraner Oberbürgermeister Torsten Pötzsch gewählt. Schon zum zweiten Treffen erarbeiteten die Kommunalvertreter Kataloge mit ihren Forderungen. Diese werden nun durch eine kleine und pragmatisch orientierte Arbeitsgruppe zu einem Forderungskatalog an den Bund und die Länder zusammengeführt, um das Beste für den bevorstehenden Strukturwandel der Lausitz zu erreichen.
„Es ist ein ganz besonderer Moment! Dass wir in so kurzer Zeit und in dieser Breite von Dörfern über Städte bis zu den Landkreisen Einigkeit erzielt haben und uns gegenseitig versprochen haben, mit einer Stimme für die Lausitz und ihre Einwohner zu sprechen, betrachte ich als einen historischen Augenblick. Ohne den Pro Lausitzer Braunkohle e.V. als Vermittler wäre uns das nicht gelungen.“ Christine Herntier, Bürgermeisterin Spremberg und brandenburger Sprecherin der Lausitzrunde
„Die Menschen wollen eine Perspektive in ihrer Heimat haben. Die Aufgabe eines Bürgermeisters ist es, diese Perspektiven mit vielen Partnern zu ermöglichen. Die Bundesregierung und die Landesregierungen aus Brandenburg und Sachsen können sich hier nicht aus der Mitverantwortung ziehen. Ich werde mich für die Zukunft der Lausitz weiter intensiv einsetzen und für dieses Ziel unermüdlich kämpfen.“ Torsten Pötzsch, Oberbürgermeister Weißwasser und sächsischer Sprecher der Lausitzrunde
Parallel dazu nimmt die Innovationsregion Lausitz GmbH als Gesellschaft der Kammern und der Hochschulen am 1. April ihre Arbeit auf, um ebenso dynamisch eine fundierte Strategie für den Lausitzer Strukturwandel zu erarbeiten. Auch hier haben für die wirtschaftliche und wissenschaftliche Perspektive die wichtigen regionalen Akteure zueinander gefunden. Der Pro Lausitzer Braunkohle e.V. vertritt die Position der Lausitzer Bürger auch hier in einem kompetent besetzten Beirat, der aktiv an der Erarbeitung der Strategie mitwirken wird. Die Position der Lausitz wird durch den kommunalen Schulterschluss über verschiedene Akteure im Beirat auch der Arbeit der Innovatiosnregion zu Gute kommen.
Die Lausitz existiert als regionales Konstrukt historisch gesehen seit ca. 500 Jahren. Ihre bewegte Geschichte zeugt immer wieder von einer Trennung, die bis heute nachwirkt und die Niederlausitz nie so richtig mit der Oberlausitz verschmelzen ließ. Was die Lausitzer Kommunalvertreter nun aber auf den Weg gebracht haben, könnte zum richtigen Zeitpunkt zu einem wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Lausitz werden. Denn eins wurde bei dem Treffen auch klar: wir sollten uns nicht weiter von der öffentlichen Diskussion verunsichern lassen, sondern gemeinsam und laut für die eine Heimat kämpfen, die fast einer Million Menschen ein Zuhause ist. Wir sollten endlich stolz auf unsere schöne und lebenswerte Lausitz sein.
Übrigens: Die sächsische Gemeinde Lauta ist im März demonstrativ dem Pro Lausitzer Braunkohle e.V. beigetreten, um ein Signal für die Lausitz als lebenswerte Industrieregion zu setzen.
Warum die deutsche Energiewende scheitert
Seit mehreren Jahren berichtet der Pro Lausitzer Braunkohle e.V. rund um Themen der Lausitzer Braunkohle und der deutschen Energiewende. Inzwischen werden die immensen Auswirkungen der bundesdeutschen Politik für die Lausitz immer spürbarer, parallel wird aber auch die Kritik an der deutschen Energiewende immer lauter. Immer mehr Experten wehren sich gegen die von grüner Ideologie fehlgesteuerte deutsche Politik, die den Wohlstand einer ganzen Nation gefährdet. Warum die deutsche Energiewende in ihrer bekannten Form nicht funktioniert, Wohlstand vernichtet und obendrein klimapolitisch wirkungslos ist, das macht ein Video mit einem ca. 15-minütigen sehr verständlichen Vortrag der Bundesinitiative für vernünftige Energiepolitik „Vernunftkraft“ einfach verständlich. Bitte nehmen Sie sich die Zeit und schauen Sie sich das Video einmal an.
Interview mit Christine Herntier, Bürgermeisterin der Stadt Spremberg
Was bedeutet die Braunkohle für „Ihre“ Stadt Spremberg?
Die Braunkohle war und ist wesentlicher Wirtschaftsfaktor für Spremberg. Die Stadt wäre ohne die Braunkohle im positiven Sinn auch nicht da, wo sie heute ist.
Spremberg profitiert von der Braunkohle durch den Industriepark Schwarze Pumpe, leidet aber gleichzeitig unter der braunen Spree – betrachten Sie die Kohle als Fluch oder als Segen?
Definitiv mehr als Segen, da die Entwicklung der Stadt sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft stark von der Kohle abhängt. Bei den negativen Begleiterscheinungen diskutieren wir das mit der LMBV, die sich um die Bewältigung dieser Herausforderungen kümmert.
Welche Folgen hätte Ihres Erachtens ein übereilter Ausstieg aus der Lausitzer Braunkohle, wie er derzeit u.a. von Merkel, Gabriel und Hendricks beabsichtigt und vorangetrieben wird?
Das wäre auf jeden Fall ein Strukturbruch! Uns würde jegliche Gestaltungsmöglichkeit im Rahmen des Strukturwandels genommen, der ja auch schon seit der Wende mit der Braunkohle positiv gestaltet wird. Es wäre nicht nur eine Gefährdung des Wirtschaftsstandorts Lausitz, sondern tatsächlich des gesamten Industriestandorts Deutschlands. Die Folgen eines übereilten Ausstiegs wären kaum absehbar.
Wie würde sich das ganz konkret auf Spremberg auswirken?
Der demografische Wandel würde sich stark verschärfen, vor allem, weil viele junge Menschen mit einer langen beruflichen Perspektive sich in andere Regionen orientieren würden. Wir altern jetzt schon, ein Weggang der jungen Generation würde enorme strukturelle Probleme mit sich bringen. Spremberg hat in den letzten 15 Jahren trotz Eingemeindungen gut 15 % Einwohner verloren. Im Vergleich zu anderen Städten der Lausitz ein sehr geringer Rückgang, der eng mit der positiven Entwicklung der benachbarten, starken Braunkohleindustrie verbunden ist.
Mal weg von den viel diskutierten Arbeitsplätzen – können Sie sagen, was in Ihrer Stadt auch im sozialen, kulturellen und strukturellen Bereich wegfällt, wenn die Kohle geht?
Die Kohle bleibt ja, egal wie die Politik entscheidet. Es wird ganz sicher auch andere Nutzungsmöglichkeiten als die Verstromung geben, aber diese brauchen Zeit bis zu einer wirtschaftlichen Nutzung. Ein übereilter Abbruch der Braunkohlenutzung hätte natürlich weit gehende Folgen. Vattenfall hat sich immer als Partner der Region gesehen. Viele Vereine konnten sich auf Unterstützung verlassen. Zudem fallen für Lausitzer Kommunen jetzt schon Millionen an Steuereinnahmen infolge der unstrukturierten Energiewende weg. Ein übereilter Ausstieg mit seinen Auswirkungen auf unseren Industriestandort hätte enorme finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt der Stadt. Die Folgen würden alle Bereiche auch des sozialen und kulturellen Lebens betreffen, da sowohl die Unterstützung der Wirtschaft wegfällt als auch die Möglichkeiten der Kommune stark eingeschränkt werden.
Wie sehen das Ihre Kolleginnen und Kollegen in den weiteren betroffenen Gemeinden, freuen die sich auf den vermeintlichen Strukturwandel oder stehen sie zur Braunkohle?
Wir stehen alle zur Braunkohle. Wir sind länderübergreifend im Gespräch und wissen, dass wir uns dem Strukturwandel – oder wie es seit kurzem heißt, der Strukturentwicklung – stellen müssen, sagen aber auch alle ganz klar: das wird nur mit der Braunkohle und in einem geordneten Prozess möglich sein. Im Übrigen ist dies nicht neu für uns. In den letzten 25 Jahren haben wir diesen Strukturwandel mit der Braunkohle gut entwickelt. Jetzt müssen wir diesen Weg konsequent weiter gehen, aber dafür brauchen wir Zeit zum Entwickeln.
Gibt es unter den betroffenen Gemeinden auf Seiten Brandenburgs und Sachsens tatsächlich ein einheitliches Bekenntnis zur Braunkohle?
Ja, das gibt es!
Warum glauben Sie, wird diese Sichtweise in der öffentlichen Diskussion und den Medien kaum reflektiert?
Es gibt eine Forsa-Studie, in der die tatsächliche Meinung der Bevölkerung zur Braunkohle in ganz Deutschland hinterfragt und dem Bild in den Medien gegenübergestellt wird. Sie macht ein Missverhältnis klar und zeigt, dass die vermeintlich negativen Belange der Kohle in den Medien immer wieder hervorgehoben werden, während andere CO2-Verursacher nicht einmal erwähnt werden. Sicher spielen politische Erwägungen dabei eine Rolle. Im vergangenen Jahr wurde wir sehr überrascht vom einseitigen Vorschlag des Wirtschaftsministerium, das im Rahmen der deutschen Ziele zur Emissionsminderung allein die Kohle belastet. Jetzt haben wir es mit der Agora-Studie zu tun. Diese Studien, die sich einseitig gegen die Kohle richten, werden in den Medien diskutiert. Besagte Forsa-Studie, die deutlich macht, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung die Kohlekraftwerke nicht dämonisiert, wird durch die politischen Entscheidungsträger hingegen überhaupt nicht diskutiert. Wir haben es hier also mit Stimmungsmache und politischer Ideologie zu tun. Und eben nicht mit dem Ansinnen, eine durch die Bevölkerung getragene Energiewende sinnvoll zu vollziehen. Dies wäre sowohl für Deutschland als auch für die Lausitz von einer besonderen Stärke.
Wie stehen Sie zur kürzlich gegründeten Innovationsregion Lausitz GmbH? Wie bringen Sie sich ein?
Ich war selbst aktiver Teil der vier hochkarätig besetzten Arbeitstreffen, die der Gründung vorangingen. Für den RWK Spremberg werden wir auch einen Sitz im Beirat erhalten und aktiv mitgestalten. Wir können jetzt schon konkrete Handlungsfelder und Projekte einbringen. Die Innovationsregion hat ein klares Ziel und ist auf den wirtschaftlichen Aspekt fokussiert. Jetzt muss auch Sachsen einsteigen. Es ist für die gesamte Lausitz wichtig, dass die Innovationsregion zum großen Erfolg wird. Hierbei kann der Industriepark Schwarze Pumpe auch eine wichtige Rolle mit regionaler Ausstrahlung übernehmen.
Beginnt nun unter den Kommunen der Kampf um eventuelle Transferleistungen des Landes und des Bundes – oder sprechen Sie sich ab?
Wir haben in Spremberg unseren Haushalt für 2016 aufgestellt. Da ist von Transferleistungen des Bundes und des Landes nichts zu sehen. Es geht darum, mit der Innovationsregion förderfähige Projekte zu entwickeln, mit denen wir den Strukturwandel erfolgreich gestalten können. Das Gießkannenprinzip hat in der Vergangenheit nicht funktioniert. Wir haben hier das industrielle Zentrum Südbrandenburgs und müssen die bestehenden Unternehmen stärken, sie müssen den Wandel schaffen. Dazu haben wir bereits klare Handlungsstrategien für den Industriepark Schwarze Pumpe entwickelt. Es geht also um kein Wettrennen, sondern um die besten Ideen mit den stärksten Effekten. Wir sprechen uns darüber hinaus natürlich ab. Ich war immer eine Verfechterin von Lösungen, die auf die ganze Region ausstrahlen. Das schafft eine Kommune allein nicht.
Was unternehmen Sie, um sich auf den politisch erzwungenen Ausstieg aus der Braunkohle-Wertschöpfung vorzubereiten?
Der Industriepark erstreckt sich über die Landesgrenze und ist sowohl in seiner wirtschaftlichen Stärke als auch im länder- und kommunenübergreifenden Charakter meines Erachtens ein Musterbeispiel für die Lausitz. Es gibt vier klare Handlungsziele für den Wirtschaftsstandort Schwarze Pumpe, die wir länderübergreifend definiert haben. Absolute Priorität hat die Bestandssicherung der bestehenden Unternehmen, es folgt der Aufbau von Wertschöpfungsketten zur stofflichen Verwertung der Braunkohle in anderen Industrien, die Entwicklung eines Zentrums der Papier- und Kartonagenherstellung mit flankierender Entwicklung und Forschung sowie der Aufbau eines Komplexes der Wertstoffaufbereitung und Wiedergewinnung seltener Materialien. Als weichen Standortfaktor zur Steigerung der Lebensqualität messen wir der Entwicklung des Lausitzer Seenlands große Bedeutung zu. Der Weg ist für uns klar.
Geht es bei all dem nur darum, die Fallhöhe abzumindern, oder sehen Sie tatsächlich Chancen für eine Zukunft in einer anderen Ausrichtung ohne die Kohle auf dem gleichen Wohlstands-Niveau, das wir in der Lausitz heute haben?
Es gibt Chancen. Man sollte eher die ganze Kraft darauf ausrichten, dass man nicht fallen gelassen wird. Da müssen wir uns vor allem gegenüber der Bundespolitik stark machen. Wir müssen in der Lausitz auch laut gegen die Abkopplung der Lausitz werden, wir müssen besser an die Hauptstadt angebunden werden, Bahnhalte dürfen nicht infrage gestellt werden und wichtige Institutionen dürfen auch nicht nach Potsdam oder anderswohin abwandern, die Region muss auch besser an Sachsen angebunden werden. Schwarze Pumpe ist übrigens ein gutes Beispiel für Chancen, die ich eingangs nannte. Hier wurde aus einer Monoindustrie zur Wende ein Industriepark mit über 100 Unternehmen und völlig neuen Geschäftszweigen wie der Papierverarbeitung geschaffen.
Wie sehen Sie die Unterstützung des Landes und des Bundes in diesem Prozess?
Den Bund sehen wir sehr kritisch. Wir hatten vor kurzem Umweltministerin Hendricks zu Gast und haben ihr klargemacht, dass wir ihre Politik sehr einseitig sehen und dass sie klar zu Lasten Deutschlands und der Menschen geht, vor allem aber zu Lasten der Lausitz. Wir sehen auch nicht, dass die anderen Länder dieser Welt den vermeintlichen Ergebnissen der Pariser Klimakonferenz folgen werden. Ein Land allein geht voran und will alles gleich umsetzen – und das ist Deutschland. Das ist nicht gut für die Lausitz, das schadet aber auch dem ganzen Land!
Welche Rolle spielt dabei in Ihren Augen der Pro Lausitzer Braunkohle e.V.?
Ich bin Mitglied im Verein und ständig im Austausch mit dem Vorsitzenden Wolfgang Rupieper und vielen Akteuren. Gerade im Februar hat der Verein ein Treffen brandenburgischer und sächsischer Kommunen initiiert, die von der Braunkohle betroffen sind. Wir haben uns hier in unserem Spremberger Rathaus getroffen. Bürgermeister Pötzsch aus Weißwasser wurde zum Sprecher der sächsischen Kommunen bestimmt, ich zur Sprecherin der brandenburgischen Kommunen. Der Verein hat das moderiert und zusammengeführt. Der Verein leistet vor allem etwas, was wir manchmal nicht tun können. Er spricht eine deutliche Sprache, mit starker Stimme. Das können wir gut gebrauchen, und deshalb unterstützen viele Kommunen beider Länder das Engagement des Vereins.
Was wünschen Sie sich insbesondere von der Lausitzer Bevölkerung, kann jedermann Einfluss auf diesen Prozess nehmen?
Als im vorigen Jahr kopfüber die Klimaabgabe in die Diskussion gebracht wurde, haben wir in Spremberg über alle Parteigrenzen hinweg eine Veranstaltung auf die Beine gestellt. Für jeden Einzelnen kann ich nur empfehlen, genau zu hinterfragen, wie sich die aktuelle Bundespolitik auf die individuelle Zukunft und die Region auswirkt. Auch gilt es vermeintlich verlockende Angebote aus Berlin, insbesondere aus den Reihen der ideologisch Getriebenen, auf ihre Nachhaltigkeit zu hinterfragen. Falsche Versprechungen und heilsbringende Illusionen haben wir in den 90er und auch in Zusammenhang mit der Energiewende mehrfach bekommen. Konkrete Zusagen und nachhaltige Lösungen waren bisher eher Mangelware.
Welche konkreten Formen der Beteiligung können Sie empfehlen?
Wer aus der Wirtschaft kommt, kann sich in die Innovationsregion einbringen. Kommunen verfügen über Gremien, in die man seine Position einbringen kann. Jeder Einzelne hat natürlich die Möglichkeit, den gewählten Vertretern in der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik seinen Standpunkt zu verdeutlichen. Bürgern steht auch der Verein Pro Lausitzer Braunkohle e.V. als Lausitzer Bürgerbewegung offen.
Vielen Dank für das Interview.
Geschäftsführer der IRL wird Dr. Hans Rüdiger Lange. Das beschloss die Gesellschafterversammlung. Der 48-jährige Lange tritt sein Amt am 1. April 2016 an. „Dr. Lange hat große internationale und nationale Erfahrungen bei der professionellen Organisation von Innovationsprozessen, kennt alle Facetten der Energiewende und ist in der Lausitz verankert“, erklärt Dr. Wolfgang Krüger, Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus und Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der IRL. Lange sei auf Grund seines beruflichen Werdegangs „die ideale Persönlichkeit, um an der Schnittstelle von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu agieren, wie es für die Arbeit der Innovationsregion Lausitz zur Förderung des Strukturwandels in unserer Region zwingend erforderlich ist“.
Der im Harz geborene Hans Rüdiger Lange ist promovierter Physiker mit Auslandserfahrungen in Forschung und Industrie. Er arbeitete zuletzt als Leiter Energiewirtschaft beim Energiekonzern Vattenfall. Dort beschäftigte er sich unter anderem mit Kraft-Wärme-Kopplung, Pump- und Batteriespeichern und dem Energie-Effizienz-Management. Er kann auch auf Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Energieregion Lausitz, der Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) und der Wirtschaftsförderung Sachsen zurückblicken.
Lange arbeitet seit 2007 in der Lausitz. Davor war er für die Energieunternehmen EnBW und Électricité de France SA (EDF) im Industriekundenvertrieb, bei Investitionsprojekten und in der Geschäftsfeldentwicklung tätig. Als Projektmanager Zentraleuropa bei EDF sammelte er auch Erfahrungen auf dem osteuropäischen Energiemarkt, insbesondere in Polen und der Slowakei, und arbeitete in Deutschland eng mit verschiedenen Universitäten zusammen.
Berufen wurde von der Gesellschafterversammlung auch ein Beirat, dem zwölf Vertreter von Kommunen, Unternehmen, Gewerkschaften und der Kirche angehören. In diesem Beirat wird auch Wolfgang Rupieper, Vorstandsvorsitzender des Pro Lausitzer Braunkohle e.V. mitarbeiten.
Die Innovationsregion wurde im Januar von der Industrie- und Handelskammer Cottbus, der Handwerkskammer Cottbus, der Wirtschaftsinitiative Lausitz, der BTU und den Unternehmensverbänden Berlin und Brandenburg gegründet.
Quellen: Lausitzer Rundschau vom 22. März 2016, Pressemitteilung der IRL GmbH
Foto: IHK Cottbus
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