4. Die Versorgungssicherheit
Mit diesem Beitrag schließen wir die einführenden Erläuterungen zu einem besseren Verständnis der Grundlagen zur Energiewende und zu Klimaschutzmaßnahmen ab. Die folgenden Beiträge widmen sich dann den vielfältigen Maßnahmen Deutschlands zum Klimaschutz in unterschiedlichen Bereichen.
Nach der Beschreibung der Energiewende geht es diesmal um die Versorgungssicherheit als wichtige Voraussetzung für viele Klimaschutzmaßnahmen nicht nur in der Energiewirtschaft, sondern auch in den Sektoren Verkehr, Industrie, Gebäude/Wärme und Landwirtschaft. Wir betrachten die Versorgungssicherheit ausführlich, weil sie die wohl wichtigste Rahmenbedingung für Emissionsminderungen in allen entscheidenden Bereichen der Energiewende bildet. Warum der Versorgungssicherheit diese zentrale Bedeutung zukommt, ist spätestens bei den in diesem Beitrag beschriebenen Auswirkungen eines Zusammenbruchs der Stromversorgung ersichtlich.
Auch hier gilt wie bei den vorherigen Beiträgen: sämtliche Hinweise, Ergänzungen und Begleitmaterialien helfen dem Projekt weiter, machen Sie mit (siehe Kontaktformular)!
Das erfahren Sie hier
- Begriffsklärung Versorgungssicherheit
- Versorgungssicherheit und Erneuerbare
- Entwicklung der Versorgungssicherheit
- Versorgungssicherheit durch Nachbarn in Europa
- Bedeutung der Versorgungssicherheit für Deutschland
- Künftige Herausforderungen bezüglich Versorgungssicherheit
- Exkurs: Blackout
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Begriffsklärung
Zuerst wollen wir den Begriff Versorgungssicherheit klären, nachfolgend auf ihre Bedeutung eingehen. Bereits im Beitrag 2. zum Stromsystem finden sich viele Hinweise mit Bezug zum Thema Versorgungssicherheit, insbesondere im Abschnitt „Das Gleichgewicht“.
Versorgungssicherheit im Bereich der Energieversorgung bedeutet, dass jederzeit die benötigte Energie zur Verfügung steht. Sie kann zwei unterschiedliche Aspekte betreffen. Zum einen die Energiemenge, also die zur Verfügung stehenden Energieträger. Das bedeutet z.B. im Bereich Verkehr, ob ausreichend Mineralöle zum Betanken der Fahrzeuge zur Verfügung stehen oder im Bereich elektrischer Energie, ob ausreichend Gas oder Kohle als Brennstoffe für Kraftwerke zur Verfügung stehen. Die Energiemenge ist das Produkt aus Leistung, gemessen zum Beispiel in Kilowatt (kW), mal Zeit, zum Beispiel der Stunde (h).
Der zweite Aspekt ist die Leistung. Er beschreibt, ob die zur Verfügung stehende Leistung z.B. der Kraftwerke sowie Windkraft- und Solaranlagen ausreicht, um im entsprechenden Moment die notwendige elektrische Energie für Wirtschaft und Privathaushalte zur Verfügung zu stellen.
In Beitrag 2. ist beschrieben, dass sich unser Stromnetz zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht befinden muss, die durch Erzeuger zur Verfügung gestellte elektrische Energie also jederzeit der durch Wirtschaft und Privathaushalte benötigten elektrischen Energie entsprechen muss. Wenn dieses Gleichgewicht gestört wird, kann ein Stromnetz die Versorgung nur eingeschränkt leisten oder im schlimmsten Fall gänzlich zusammenbrechen – dann spricht man von einem Blackout.
Das Maß für das Gleichgewicht ist die konstante Netzfrequenz von 50 Hertz (Hz).
Für besonders Wissbegierige: Diese Netzfrequenz beschreibt die Schwingungsgeschwindigkeit im Wechselstromnetz bzw. die Anzahl der Polwechsel. Der Wert 50 Hertz ergibt sich aus der Drehzahl der Turbogeneratorsätze der Kraftwerke von 3.000 Umdrehungen pro Minute, also 50 pro Sekunde. Über drei Polpaare ergibt sich dann der Drei-Phasen-Wechselstrom, auch Drehstrom genannt, der durch unsere Netze fließt. Nur ein sehr geringer Teil des Netzes wird mit Gleichstrom, also festem Plus- und Minuspol, betrieben.
Das Netz kann sowohl bei Über- als auch bei Unterfrequenz zusammenbrechen. Spätestens ab 50,5 bzw. 49,5 Hertz nehmen die Netzbetreiber Abschaltungen vor, entweder von Kraftwerken oder von Verbrauchern (Industrie bzw. Privathaushalte), um das Netz zu stabilisieren und Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Im Rahmen des Klimaschutzes und der Energiewende wird die Versorgungssicherheit vor allem im Bereich des Stromnetzes diskutiert. Es geht hier also weniger um die gesamte Energie inklusive Verkehr, Industrie etc., sondern um die zur Verfügung stehende elektrische Energie. Somit wird die Versorgungssicherheit vor allem in Bezug auf die Leistung diskutiert, die verschiedene Kraftwerke und Anlagen zur Stromerzeugung aufbringen. Insbesondere, wenn Forderungen nach einem schnellen Kohleausstieg und der Abschaltung der entsprechenden Kohlekraftwerke laut werden, wird von der Bedeutung „sicherer“ Energieversorgung gesprochen. Wirkt dieses Argument tatsächlich so schwer? Das wollen wir in diesem Beitrag klären.
Versorgungssicherheit in Bezug auf die Leistung
Die Komplexität des deutschen Stromsystems, das rund 83 Mio. Menschen und die gesamte Wirtschaft mit elektrischer Energie versorgt, gibt unser Schema aus dem Beitrag zum Stromsystem vereinfacht wieder. Da das deutsche Stromnetz in ein internationales Stromnetz eingebunden und mit den Nachbarländern verknüpft ist, ergänzen wir im Schema eine symbolische Anbindung zum Ausland, über die Strom exportiert oder importiert werden kann.
Bezogen auf die Leistung des Stromnetzes muss die Gesamtheit der Energieanlagen in Deutschland jederzeit die von Privathaushalten und Wirtschaft benötigte Menge an elektrischer Energie zur Verfügung stellen können. Der Energiebedarf ist dabei Schwankungen unterlegen, wir sprechen dabei (siehe Beitrag 2.) von Grundlast, Mittellast und Spitzenlast. Für die Leistung eines Stromnetzes ist der höchstmögliche Bedarf, also die Spitzenlast, ausschlaggebend. Wenn Versorgungssicherheit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet werden muss, dann muss die sichere Leistung an der Höchstlast, also der Spitzenlast, ausgerichtet werden – dies gilt bislang als Grundlage der Stromversorgung zumindest in allen Industrienationen. Betrachtet wird dabei nur die gesichert vorliegende Leistung aus Atom, Kohle, Gas, Mineralölen und Biomasse. Da Wind- und Solarenergie nicht jederzeit sicher verfügbar sind und nicht gespeichert werden können, gilt für sie als sicher verfügbare Leistung der Beitrag, den sie tatsächlich jederzeit liefern können – er liegt bei Solarenergie bei 0 % (wenn keine Sonne scheint) und bei Windenergie über alle installierten Anlagen hinweg bei ca. 1 % (Windenergieanlagen an Land, sogenannte onshore-Anlagen) bzw. 1 bis 2 % (Windenergie auf dem Meer, sogenannte offshore-Anlagen) der installierten Leistung. Von über 100 GW installierter Leistung aus Wind- und Solarkraft beträgt die sichere Leistung somit nur rund 1 GW. Erneuerbare Energien aus Wind und Sonne leisten keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit und werden dies technisch bedingt auch in Zukunft nicht können. Nötig wäre eine umfangreiche Speicherung des erneuerbaren Stroms. Lösungen hierfür werden derzeit in Modellprojekten erforscht, die noch in den Kinderschuhen stecken und bei deren Implementierung in große technische Systeme wie das Stromnetz Zyklen von Jahrzehnten statt Jahren erforderlich sind.
Der Beitrag der Erneuerbaren zur Versorgungssicherheit liegt insgesamt unter 10%, der von Energie aus Wind und Solar nahe Null.
In Deutschland liegt die Spitzenlast derzeit bei rund 85 GW. Auch wenn meist weniger Strom benötigt wird, etwa 65 bis 70GW, treten Spitzenlasten regelmäßig auf. Bislang verfügte Deutschland in der Leistung hier über eine hohe Sicherheit, so lag die gesicherte Kraftwerksleitung 2008 noch bei 100 GW, bot also mehr als 15 GW „Puffer“ zur bisherigen Spitzenlast. Eine gewisse Reserve wurde bislang immer als notwendig angesehen, wenn z.B. Kraftwerke geplant oder unerwartet z.B. für Reparaturen vom Netz genommen werden müssen. Bis 2019 ist dieser Puffer bereits um 10 GW abgeschmolzen und liegt somit heute noch knapp 5 GW über der Spitzenlast. Ende 2022 steigt Deutschland aus der Atomenergie aus, die heute noch ca. 13 % des deutschen Stroms oder anders geschrieben rund 10 GW der sicheren Kraftwerksleistung umfasst. Parallel werden fortlaufend Kapazitäten aus Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken vom Stromnetz genommen, sicherer Kohlestrom hat heute noch einen Anteil von rund 30 % am deutschen Strommix (Jahr 2019). An den Zahlen wird deutlich, dass Ende 2022 weniger Leistung im deutschen Stromsystem verfügbar sein dürfte, als bei Spitzenlast benötigt. Bereits für Januar 2020 wurde erstmals eine Unterdeckung der Spitzenlast prognostiziert. Zwar befinden sich derzeit einige Gaskraftwerke im Bau, die bis 2022 einen Teil der entstehenden Lücke ausgleichen sollen, dennoch gehen Experten davon aus, dass Deutschland 2022 erstmals die Versorgungssicherheit bezüglich der Leistung aus eigener Kraft nicht mehr sicherstellen kann. Da der Neubau von Kraftwerkskapazitäten aufgrund langer Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der Komplexität der Bauvorhaben einige Jahre in Anspruch nimmt, kann die Sicherheitslücke bei fortlaufender Abschaltung der Kohlekraftwerke und steigendem Bedarf an elektrischer Energie im Zuge der Energiewende (siehe nachfolgender Abschnitt zu den Herausforderungen der Energiewende an die Versorgungssicherheit) bis 2030 nach aktuellen Schätzungen zunehmen.
Entwicklung der Versorgungssicherheit in Deutschland: Bereits 2020 wird Deutschland im Ernstfall von ausländischen Kapazitäten abhängig sein, im Jahr 2022 wird diese Sicherheitslücke durch den Atomausstieg zunehmen.
Übersicht der zum Neubau und zur Stilllegung angemeldeten bzw. geplanten Kraftwerkskapazitäten in Deutschland. Noch nicht enthalten sind zusätzliche Stilllegungen von Kohlekraftwerken in den 2020er-Jahren, wie sie derzeit mit Blick auf einen Kohleausstieg zum Jahr 2030 u.a. von den Grünen gefordert werden. Sicherer Strom wird im Saldo auch ohne diese zusätzlichen Abschaltungen um rund 20 GW abnehmen.
Versorgungssicherheit in Bezug auf die Energiemengen
Hierbei können lediglich sichere Energieträger betrachtet werden. Da Wind und Sonne wie das Wetter nicht gesteuert werden können, können Energiemengen aus Wind und Sonne zwar abgeschätzt, aber nicht sicher geplant werden. Atom und Kohle stehen bezüglich ihrer Energiemengen in Deutschland sicher zur Verfügung. Aufgrund der aktuell in Deutschland diskutierten Ausstiegsszenarien betrachten wir hier aber nur die sicheren Energieträger genauer, die Kohle und Atom ersetzen können:
Biomasse steht auf dem heutigen Niveau von rund 7 GW installierter Leistung sicher zur Verfügung. Sie gilt in Deutschland als kaum erweiterbar, da neben dem Anbau von Nutzpflanzen zur Stromerzeugung aus Biomasse ebenso Nutzpflanzen für Biodiesel oder die Tierfütterung angebaut werden müssen und die landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland weitgehend ausgereizt ist. Mit einem Rückgang der Massentierhaltung könnten Flächen umgenutzt werden, die heute zum Futtermittelanbau verwendet werden. Allerdings werden in diesem Fall auch zusätzliche Flächen für die angestrebte artgerechte Nutztierhaltung auf größerer Fläche benötigt. Zudem beeinflusst der Klimawandel den Anbau von Nutzpflanzen – einerseits wirkt der erhöhte CO2-Gehalt wie ein Dünger, CO2 kurbelt als Ausgangsstoff den natürlichen Prozess der Photosynthese an und führt zu verstärktem Pflanzenwachstum, andererseits sorgen zunehmende Trockenphasen für Probleme insbesondere beim Anbau von Monokulturen wie Mais für die Energiegewinnung. Monokulturen werden mit Verweis auf den Rückgang natürlicher Lebensräume für viele Arten und das Auszehren fruchtbarer Böden zunehmend kritisch diskutiert – insofern weisen diese Argumente daraufhin, dass im Bereich Biomasse mit keiner Zunahme an sicheren Energiemengen zu rechnen ist.
Gas steht in Deutschland in sehr überschaubaren Fördermengen zur Verfügung. Jährlich werden ca. 7 Milliarden m3 Erdgas aus deutschen Vorkommen gefördert, das entspricht ca. 9 % des in Deutschland insgesamt zur Energieerzeugung genutzten Energieträgers Gas. Man geht laut einer Studie aus dem Jahr 2016 in Deutschland von ca. 50 Milliarden m3 sicherer Reserven und weiteren 200 Milliarden m3 noch nicht nutzbaren Potenzialen in Kohleflözlagerstätten aus. Das zeigt, dass der sichere Anteil dieses Energieträgers aus heimischer Förderung langfristig zu vernachlässigen ist. Bislang bezog Deutschland den übrigen Bedarf fast zu gleichen Anteilen aus Norwegen (ca. 31 %), den Niederlanden (ca. 26 %) und Russland (ca. 32 %). Die Niederlande werden die Gasexporte aus ihrem Gasfeld aufgrund von Problemen bei der Förderung (Erdbeben etc.) künftig stark zurückfahren, ebenso nehmen die Liefermengen aus Norwegen künftig stark ab. Dafür wird aktuell die Lieferkette für Fracking Gas (auch bekannt als Schiefergas) aus den USA aufgebaut, das mit hoher Sicherheit und langfristig in großen Mengen zur Verfügung steht. Ebenso baut Russland seine Liefermöglichkeiten für Erdgas mit einer neuen Pipeline (Nordstream 2) aus. Gas steht somit, global gesehen, in ausreichender Menge zur Verfügung. Deutschland muss sich hier allerdings künftig in geopolitische Abhängigkeiten zur USA und zu Russland begeben. Eine Möglichkeit, diese Abhängigkeit zu mindern, würde die Förderung von bislang in Deutschland verbotenem Fracking Gas auch hierzulande bieten. Hier geht man von einem Potenzial in Schiefergaslagerstätten von 700 bis 2.300 Milliarden m3 aus.
Wasserkraft spielt als sicherer Energieträger in Deutschland keine wichtige Rolle. Bestehende Pumpspeicherkraftwerke haben insgesamt nur eine sehr geringe Kapazität und dienen nur kurzzeitig, meist zur Absicherung von Spitzenlasten. Deutschland verfügt ansonsten geologisch nicht über die Voraussetzungen für den weiteren Ausbau von Wasserkraft z.B. mit Staudämmen an Gebirgsflüssen oder Gezeitenkraftwerken.
Versorgungssicherheit bezüglich Energiemengen wird aktuell wenig diskutiert. Hier geht es weniger darum, ob ausreichend Energiemengen zur Verfügung stehen, sondern vielmehr, mit welchen Konsequenzen sie z.B. bezüglich Kosten, Umwelt und Klima oder politischer Abhängigkeit verbunden sind.
Versorgungssicherheit und Erneuerbare
Erneuerbare aus Wind und Sonne können derzeit nur in kleinen Systemen zur Versorgungssicherheit beitragen. Sogenannte energieautarke Dörfer oder Siedlungen erwecken oft den Eindruck, als würden hier Wind- und Sonnenkraft in Verbindung mit Speichern jederzeit Strom und somit Versorgungssicherheit garantieren. Dem ist nicht so. Zwar wird in solchen Systemen in der Jahresbilanz mehr Strom aus Wind und Sonne erzeugt, als sie selbst insgesamt benötigen – er fällt aber nicht jederzeit und in den Mengen an, in denen er benötigt wird. Solche kleinen Systeme kann man bis zum Eigenheim mit Solaranlage auf dem Dach herunterbrechen. Auch diese kleinen Systeme sind ans Stromnetz angeschlossen, über welches sie überschüssig produzierten Strom aus Wind oder Solar abführen und jederzeit sicheren Strom erhalten, wenn Wind und Sonne nicht ausreichend Energie liefern und die Speichersysteme erschöpft sind.
Der künftige Beitrag von Energie aus Wind und Sonne zur Versorgungssicherheit ist abhängig von der Entwicklung neuer Speicher. Zum einen bemüht man sich hier um mehr Effizienz bei der Speicherung mit Batterie-Technologien. Deren Grundprinzip hat sich seit 200 Jahren aber nicht entscheidend geändert, insofern ist fraglich, ob diese Technologie einen zentralen Beitrag zur Versorgungssicherheit in großen Systemen wie dem Stromnetz übernehmen kann. Mehr Potenzial scheint die Speicherung von überschüssig erzeugtem Strom mit sogenannten Power to X-Technologien zu bieten – z.B. in Gas, das dann zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Wind- und Solarstrom sollen so mittels Elektrolyse in Wasserstoff oder Methan umgewandelt werden und könnten dann per Gasnetz flächendeckend als Energieträger zur Verfügung stehen. Diese Technologien gelten heute noch als unwirtschaftlich und zu teuer. Bei der Umwandlung von elektrischer Energie aus Wind- oder Solarkraft mittels Elektrolyse in sogenanntes „grünes Gas“ gehen 75% der ursprünglichen Energie verloren. Um Lösungen zu entwickeln, werden in Deutschland derzeit viele Modellprojekte initiiert. Ein Wasserstoff-Referenzkraftwerk soll so in der Lausitz entstehen, Cottbus soll mit verschiedenen Projekten zur Wasserstoff-Modellstadt werden. Bis zur Anwendung im großen Maßstab dürfte für Power to-X-Technologien aber noch mehr als ein Jahrzehnt vergehen – ganz abgesehen vom dann notwendigen Aufbau entsprechender Anlagen und Systeme.
In Wittenhofe am Stadtrand von Prenzlau wurde die Wasserstoff-Technologie bereits vor Jahren erfolgreich erprobt. Die „Elektrolyseur“ genannte Anlage war 2011 ans Netz gegangen und erzeugt Strom aus Windanlagen und Biogas. Jetzt soll in der Lausitz am Standort Schwarze Pumpe ein Referenzkraftwerk als Modellvorhaben in größerem Maßstab mit 50 MW Leistung entstehen.
Entwicklung der Versorgungssicherheit
Ein Merkmal für die Qualität des Stromnetzes und der Versorgungssicherheit sind die jährliche Dauer an Stromunterbrechungen und die Anzahl der notwendigen Netzeingriffe. Deutschland verfügt als hochentwickeltes Industrieland über einen sehr hohen Standard in der Versorgungssicherheit des Stromnetzes. Heute ist es für Verbraucher und Wirtschaft selbstverständlich, dass jederzeit Strom aus der Steckdose kommt. Von 2006 bis 2014 senkte sich die Anzahl der Versorgungsunterbrechungen in Deutschland von etwas über 21 auf etwas über 12 Minuten im Jahr. Seit 2017 ist wieder eine Steigerung zu beobachten. Hier stieg die Dauer der Stromausfälle auf über 15 Minuten.
Im Vergleich zu den anderen europäischen Staaten weist das deutsche Netz mit rund 15 Minuten Stromunterbrechung je Jahr (sogenannter SAIDI-Index / System Average Interruption Duration Index) eine hervorragende Verfügbarkeit auf. Das Schlusslicht bilden Lettland und Rumänien mit je über 600 Minuten Nichtverfügbarkeit. Dieser Vergleich wird vom Rat der europäischen Energieregulierungsbehörden (Council of European Energy Regulators/ CEER) regelmäßig durchgeführt.
Deutlicher sichtbar wird die Auswirkung der Energiewende auf die Versorgungssicherheit im Bereich der Netzeingriffe. Vereinfacht dargestellt, wurden die Stromnetze früher durch die Zu- oder Abschaltung jederzeit verfügbarer Kapazitäten aus sicheren Energieträgern dem Bedarf von Verbrauchern und Wirtschaft angepasst. Da heute je nach Anfall Wind- und Solarstrom Vorfahrt ins Stromnetz haben, müssen alle anderen Energieträger entsprechend geregelt werden, um die Netze stabil zu halten. Dies betrifft die großen Übertragungsnetze und geschieht durch die Übertragungsnetzbetreiber. Durch den Ausbau der Erneuerbaren nimmt dieser Regelbedarf beständig zu. Waren diese sogenannten „Redispatch“-Maßnahmen vor 15 Jahren die große Ausnahme und lagen jährlich weit unter einhundert Eingriffen, so erfolgten im Jahr 2017 über 20.000 Netzeingriffe, Tendenz steigend.
In 2017 waren über 20.000 Netzeingriffe, sogenannte Redispatch-Maßnahmen, zur Stabilisierung des Übertragungsstromnetzes infolge des volatilen Anfalls erneuerbarer Energien notwendig.
Ein weiterer Aspekt sind sogenannte Lastabwürfe, mit denen das Stromnetz durch die Abschaltung bestimmter, starker Verbraucher im Industriebereich größere und ungeplante Schwankungen ausgleicht. So verbraucht eine einzige deutsche Aluminiumhütte ca. 1 % des gesamten in Deutschland produzierten Stroms. Bei starken Stromschwankungen kann das Abschalten von Teilen solch energieintensiver Unternehmen das Stromnetz vor einem Zusammenbruch bewahren. Ins Leben gerufen wurde dieser sogenannte Lastabwurf aus einem ganz anderen Grund: Im Jahr 2012 gelangte Deutschland erstmals an den Rand eines großflächigen Stromausfalls, weil infolge des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine kurzfristig Gaslieferungen ausblieben. Damals wurden große Teile der energieintensiven Industrie notabgeschaltet, um einen Stromausfall zu vermeiden. Noch im gleichen Jahr wurde für solche Notfälle mit der Lastabschaltverordnung ein Notfallprotokoll beschlossen, um das Stromnetz im Ernstfall zu schützen. Es wurde ursprünglich bis 2016 befristet, ist aber inzwischen auf unbestimmte Zeit verlängert. Allein im Jahr 2018 kam dieses Protokoll 78 Mal zum Einsatz. Meist werden dabei Teile der Aluminiumindustrie abgeschaltet, um Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Dafür erhält die betroffene Industrie attraktive Ausgleichszahlungen, ebenso erhält sie Zahlungen für die grundsätzliche Bereitschaft zur Lastabschaltung ganz unabhängig von deren Nutzung.
Auch der Stromaustauschsaldo (Verhältnis zwischen Export und Import des in Deutschland produzierten Stroms) hat sich verändert. Noch immer exportiert Deutschland aufgrund seiner großen Kapazitäten an Wind- und Solarstrom bei deren unregelmäßigem Anfall in großen Mengen Strom, 2018 verringerte sich der Saldo aus Stromexport und Stromimport aber erstmals um mehr als 10 %. Im Juni 2019 war Deutschlands Stromsystem mehrfach auf die Hilfe von Stromimporten und somit die europäischen Nachbarn angewiesen, da im Inland weniger Strom erzeugt werden konnte, als benötigt. Am 10. Januar 2019 wiederum kam es in Europa zu einem plötzlichen Abfall der Netzfrequenz, in vielen Berichten war von einem „Beinahe-Blackout“ die Rede. Netzerschütternde Ereignisse nehmen zu – laut Experten hat die Sicherheit im Betrieb des deutschen und auch des europäischen Stromnetzes messbar abgenommen.
Im Gegensatz dazu stieg die installierte Leistung durch den Ausbau der Erneuerbaren bislang von Jahr zu Jahr an. Sie liegt heute insgesamt bei rund 216 GW (112 GW Erneuerbare, 93 GW konventionelle Kraftwerke und Sonstige, 11 GW Kernkraft). Da die installierte Leistung aber nur die mögliche und nicht die tatsächlich verfügbare Leistung umschreibt, wird deutlich, dass diese Zahl für die Versorgungssicherheit keine Aussage treffen kann.
Versorgungssicherheit durch Nachbarn in Europa
Bei der Problematik der Versorgungssicherheit im deutschen Stromnetz wird oft auf das europäische Stromnetz verwiesen. Verglichen mit unseren europäischen Nachbarn wie Frankreich, Polen und Belgien ist das Niveau der Versorgungssicherheit in Deutschland noch relativ hoch. Studien bestätigen allerdings in extremen Bedarfssituationen eine gewisse Gleichzeitigkeit des Strombedarfs bei den europäischen Nachbarn. Wenn in Deutschland ein hoher Bedarf auftritt und Erneuerbare z.B. wenig Beitrag liefern können, ist das bei den Nachbarn grundsätzlich ähnlich – insbesondere in Winterphasen mit hohem Energiebedarf und Ausfall von Wind und Sonne. Zudem fahren viele Länder im Rahmen der Veränderung ihrer Energiesysteme Kraftwerkskapazitäten zurück. Frankreichs Atomkraftwerke sind in die Jahre gekommen und stehen immer häufiger nicht als Sicherheitsnetz zur Verfügung. Insbesondere in den Hitzesommern haben viele Nachbarn Probleme, da ein Großteil der Kraftwerke mit Flusswasser gekühlt werden. Bei langanhaltender Hitze, mit der im Klimawandel künftig häufiger zu rechnen ist, können diese Kraftwerke in solchen Extremsituationen aufgrund der Erwärmung des Flusswassers nur eingeschränkt arbeiten. Folglich kann Deutschland sich in kritischen Situationen nicht auf Stromimporte verlassen. Leider wirken internationale Klimaabkommen der Sicherheit durch Abstimmung unter den Nachbarländern entgegen. Strom schlägt sich in dem Land mit Emissionen in der Klimabilanz nieder, in dem er erzeugt wird. Wer viel importiert, hat weniger Erzeugung im eigenen Land und somit auch weniger CO2-Emissionen – wer viel exportiert, erzeugt entsprechend mehr Strom im eigenen Land und erhält dafür auch die Emissionen zugerechnet. Durch Stromimporte verbessert sich die nationale Klimabilanz; durch Stromexporte verschlechtert sie sich. Und an diese Bilanzen sind künftig empfindliche Strafzahlungen geknüpft, wenn Mitgliedsländer der EU ihre Emissions-Minderungsziele nicht erfüllen. Dadurch entsteht ein kontraproduktiver Anreiz für die EU-Staaten, Nachbarländer mit Versorgungslücken nicht abzusichern, sondern lieber selbst vermehrt auf Stromimporte zu setzen („Jeder setzt auf seinen Nachbarn“).
Gleichzeitigkeit einer auftretenden Jahreshöchstlast in Deutschland und bei europäischen Nachbarn am Beispiel des 13.12.2017 um 17:00 Uhr. Inzwischen sind auch bei Nachbarländern im Zuge der Entwicklung ihrer Stromnetze in den Wintermonaten Versorgungslücken absehbar.
Bedeutung der Versorgungssicherheit für Deutschland
Deutschland ist ein hochentwickeltes Industrieland. Das betrifft die Wirtschaft, aber auch viele Bereiche des gesellschaftlichen und zivilen Lebens, vom Krankenhaus bis zum Smart Home. Insbesondere in der Wirtschaft sind verschiedene Branchen auf eine hohe Qualität der Versorgungssicherheit angewiesen. So führen die Schwankungen im Stromnetz trotz aller Regeleingriffe inzwischen zu merkbaren Qualitätsverlusten. Ein Beispiel ist die Chemieindustrie, die in vielen Prozessen (z.B. Wertstoffverarbeitung in Zentrifugen) auf einen absolut gleichmäßigen Stromfluss angewiesen ist und aktuell in ersten Regionen wie Bayern Probleme zu verzeichnen hat. Ein weiteres Beispiel liefert der Reifenhersteller Dunlop, bei dem Stromschwankungen einen ganzen Maschinenpark mit Pressen beschädigten. Beispiele dieser Art nehmen zu. Da die Digitalisierung immer mehr Bereiche unseres täglichen Lebens und der Wirtschaft erobert, nimmt auch hier die Anzahl sensibler Prozesse zu, die auf Stromschwankungen sensibel reagieren. Ein einfaches Beispiel, wie wir das zu Hause nachvollziehen können, ist die Uhr in der Mikrowelle, die sich infolge zunehmender Stromschwankungen immer öfter auf Null zurückstellt.
Künftige Herausforderungen bei der Versorgungssicherheit
Mit dem Ausstieg aus Atom und Kohle wird Deutschland nach aktuellen Prognosen die mögliche Spitzenlast nicht mehr durch sichere Energie decken können. Dieser Lücke könnte man auch durch mehr Energieeffizienz und somit weniger Energiebedarf entgegenwirken. Aus diesem Grund schauen wir auf die Sektoren außerhalb der Energiewirtschaft, ob hier Entlastungen absehbar sind:
Verkehr: Im Verkehr will Volkswagen Deutschland zum Vorreiter der e-Mobilität machen. Der Konzern will im kommenden Jahrzehnt 22 Millionen Elektroautos auf die Straßen bringen. Unabhängig vom Netzausbau und der Infrastruktur mit Ladesäulen muss für diese Elektroautos erst einmal der Strom zum Betanken produziert werden. Auch hier muss der Strom sicher und rund um die Uhr zur Verfügung gestellt werden, unabhängig von Wind und Sonne. Die e-Mobilität wird den Bedarf an sicherer elektrischer Energie deutlich erhöhen – und dies in einer Zeit, da Erneuerbare nach aktuellen Erkenntnissen bezüglich Netzausbau und Speichertechnologie noch keinen substanziellen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten können. Insofern scheint die e-Mobilität im Verkehr eine Zunahme der sicheren Leistung in der Energiewirtschaft zu bedingen.
Gebäude und Wärme: Hier geht es vor allem um den Ersatz alter Ölheizungen durch moderne Wärmepumpen – die mit elektrischer Energie betrieben werden. Von Seiten der CDU wurde eine Abwrack-Prämie für alte Ölheizungen ins Gespräch gebracht, um hier für eine massive Umrüstung zu sorgen. Zudem werden viele Wohnhäuser in der Gebäudetechnik von Gas auf Elektro umgestellt (Elektroherde ersetzen Gasherde). Im Bereich Gebäude und Wärme ist künftig also auch mit mehr Bedarf an elektrischer Energie zu rechnen, die ebenso jederzeit und sicher zur Verfügung stehen muss. Auch diese Entwicklung spricht für eine Zunahme der sicheren Leistung.
Industrie: Deutschland verfügt derzeit über die höchsten Strompreise Europas. Dies spürt auch die Industrie. Nach der Erhöhung der Lohnkosten in den zurückliegenden Jahren sorgen die hohen Energiepreise im Vergleich zum Ausland für einen Wettbewerbsnachteil. In den vergangenen Jahren hat so die Verlagerung von Unternehmen aus Deutschland ins Ausland zugenommen. Zudem sorgen immer mehr Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung für effizientere Prozesse und versuchen, aufgrund der hohen Strompreise elektrische Energie zu sparen. Hier sorgt der Nachteil hoher Strompreise infolge der Energiewende bei vielen Unternehmen für Innovationen und Anpassungen. Eine ambivalente Entwicklung ist mit der Zunahme der Digitalisierung in allen Unternehmensprozessen verbunden, die einerseits Prozesse effizienter gestaltet und somit Energie spart, andererseits aber auch mit einem steigenden Bedarf an elektrischer Energie einhergeht. Mit einem Blick auf die vergangenen Jahre ist im Bereich der Industrie mit einem stabilen Bedarf an elektrischer Energie zu rechnen – es sei denn, die zum Jahresende 2019 angekündigte Rezession manifestiert sich und die Wirtschaft fragt weniger elektrische Energie nach oder energieintensive Unternehmen werden aufgrund der hohen Strompreise vermehrt ins Ausland verlegt. In diesem Fall würde mit dem Bedarf an elektrischer Energie allerdings auch die Wertschöpfung einbrechen und die Kosten der Energiewende würden sich noch stärker auf die privaten Verbraucher verteilen.
Insgesamt wird die Energiewende insbesondere im Verkehr und bei den Gebäuden für einen zunehmenden Bedarf an elektrischer Energie sorgen. Vor diesem Hintergrund kommt der Versorgungssicherheit und hier vor allem der sicheren Leistung eine zentrale Rolle zum Gelingen der Energiewende auch in den weiteren Sektoren neben der Energiewirtschaft zu.
Exkurs: Blackout
Im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit im deutschen Stromsystem wird auch vom Ernstfall eines Blackouts, eines großflächigen und langandauernden (zumindest mehrere Tage) Stromausfalls gesprochen. Da Strom aus der Steckdose für uns eine Selbstverständlichkeit ist und wir in Deutschland ein hohes Maß an Sicherheit in allen Versorgungsprozessen genießen, ist das Szenario eines Blackouts nur schwer nachzuvollziehen. Solche Szenarien wurden vor allem wegen der Gefahr des Angriffs durch Hacker oder durch Terroristen entwickelt. Inzwischen wird immer häufiger ein Blackout infolge von zunehmenden Unsicherheiten im Stromsystem diskutiert.
Wie bereits geschildert, werden die großen Übertragungsnetze in jeder Sekunde durch die Übertragungsnetzbetreiber geregelt und stabil gehalten. Bei plötzlichen und ungeplanten Änderungen im Stromnetz gibt es bestimmte Notfallszenarien, zu denen auch die beschriebenen Lastabschaltungen z.B. von Teilen der äußerst energieintensiven Aluminiumindustrie zählen. Hilft dies nicht, setzt eine Reihenfolge weiterer Abschaltungen ein bis hin zur Trennung ganzer Regionen vom Stromnetz – solche Zwischenfälle können aber auch zu einem Blackout führen. Ein Blackout betrifft einen ungeplanten Stromausfall infolge eines Netzzusammenbruchs in einem Gebiet von einer Größe, das nicht von außen versorgt werden kann – etwa Berlin und einen Umkreis von 100 bis 200 Kilometern, oder noch größere Gebiete. Für die Bundesregierung hat ein Expertengremium ein Blackout-Szenario erarbeitet. Ein kurzer Überblick soll skizzieren, wie katastrophal sich ein Blackout auf den betroffenen Teil des Landes auswirkt:
Bereits nach kurzer Zeit bricht die Kommunikation zusammen, dies betrifft aufgrund vieler elektronischer Knotenpunkte auch Mobiltelefone und das Internet. Schon nach wenigen Stunden kommt der Verkehr auf Straßen, Schiene, In der Luft oder auf dem Wasser zum Erliegen. Auf der Schiene fällt der elektrisierte Verkehr quasi sofort aus. Die Infrastruktur für Wasser bricht nach kurzer Zeit zusammen, Wasser kann nur limitiert zur Verfügung gestellt werden und auch der Abwasserkreislauf wird gestört. Insbesondere in Städten fällt fließendes Wasser aus, Abwasserleitungen verstopfen aufgrund von wenig Durchsatz und Ablagerungen, Sanitäranlagen sind binnen kurzer Zeit (Tagesfrist) nicht mehr benutzbar. Die Lebensmittelversorgung bricht ebenso zusammen, Kühlstrecken tauen binnen Stunden ab, nur wenige zentrale Lager können eine Notstromversorgung länger als zwei Tage gewährleisten, die weiterverarbeitende Lebensmittelindustrie fällt sofort aus. Bereits nach 24 Stunden ist die Funktionstüchtigkeit des Gesundheitswesens erheblich beeinträchtigt. Krankenhäuser können bei großflächigem Ausfall nicht von außen versorgt, Patienten nicht verlegt werden, die Bevölkerung durch fehlenden Rückgriff auf Technologien und Personal nicht mehr versorgt werden.
Kurzum: Ein großflächiger Blackout verursacht auch in Deutschland eine Katastrophe mit einem Zusammenbruch des öffentlichen Lebens und menschlichen Opfern. Szenarien reichen bis hin zu Plünderungen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Ein Szenario mit einer genauen Beschreibung im Auftrag des Bundestags schildert diese Prozesse und Möglichkeiten der Vorsorge detailliert. Übrigens bereiten sich Landkreise zunehmend auf Blackout-Szenarien vor, solche Schulungen erfolgen in der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe im pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Hier geht es direkt zu dem für die Bundesregierung erarbeiteten Blackout-Szenario: https://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/buecher/petermann-etal-2011-141.pdf
Fazit
Die Versorgungssicherheit ist beim bevorstehenden Atom- und Kohleausstieg ein wichtiger Parameter, um unser Land als hochentwickelten Industriestandort und somit unseren Wohlstand abzusichern. Da bei den erneuerbaren Energien vor allem auf den Ausbau von Wind und Solar gesetzt wird, die (noch) keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten können, muss Deutschland quasi zwei Systeme unterhalten: Ein System mit grundlastfähigem sicheren Strom, den Erneuerbare heute mit nicht erweiterbarer Biomasse und einem geringen Aufkommen an Wasserkraft nur in kleinem Umfang leisten können, sowie fossilen Energieträgern, wobei Gaskraft sichere, grundlastfähige Energie aus Atom und dann nach und nach aus Kohle ersetzen muss. Parallel entsteht durch den Ausbau von Wind und Solar quasi ein zweites System, dass die installierte Leistung der sicheren Energieträger inzwischen übersteigt.
Verschiedene Entwicklungen der deutschen Energiewende können künftig zu mehr Bedarf an elektrischer Energie und damit auch an gesicherter Leistung führen, zudem verändern sich auch bei unseren europäischen Nachbarn die Stromsysteme. Die ab 2020 entstehende und dann zumindest übergangsweise in den 2020er-Jahren wachsende Lücke bei der Versorgungssicherheit wird als Risiko in immer mehr Expertisen ausgewiesen. Dabei wird auf den seit Jahren zunehmenden Regulierungsbedarf im deutschen Stromnetz verwiesen, der inzwischen von Vorfällen begleitet wird, die einen Blackout wahrscheinlicher machen. Ein großflächiger Blackout mit seinen Auswirkungen kann die heute bestehende Akzeptanz für die Energiewende und entsprechende Klimaschutzmaßnahmen in der Bevölkerung deutlich mindern. Auch aus diesem Grund sollte die Versorgungssicherheit Grundvoraussetzung für jegliche Veränderung im Stromsystem unseres Landes mit Blick auf ein Gelingen von Klimaschutzmaßnahmen und Energiewende sein.
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